Prolog: Der Weltraum. In ferner Zukunft …
(…) „Es ist nämlich so, dass eines der liebsten Hobbies unseres Kommandanten die Umsetzung der frühen Abschnitte seiner Familiengeschichte in Vollimmersions-Holos ist. Und er hat hier wirklich schon eine Menge geleistet. Aufgrund des bekanntlich hohen Speicherbedarfs solcher Holos sind da im Laufe der Zeit schon eine ganz hübsche Menge Terabytes zusammengekommen …“
„Nicht grummeln, liebe Santa“, unterbrach Tibor die künstliche Intelligenz des Schiffes. „Du weißt doch, dass meine kleine Liebhaberei ganz offiziell unterstützt wird. Warum auch nicht die freie Zeit einer Reise zu fernen Sternen nutzen, um Geschichte medial aufzubereiten?“ Und mit einem Seitenblick auf Noira, seine Stellvertreterin – die sich ihm nun wieder zuwandte und dabei ihr neuestes selbst designtes Outfit gut zur Geltung brachte: „Ist doch besser als seine freie Zeit dem Schneidern gewagter ‚Kreationen‘ zu widmen …“
„Santa, täuscht mich meine Erinnerung oder hat der Kommandant nicht das eine oder andere Mal – wenn auch viel zu selten, wie ich finde – diese recht kurzweiligen Folgen meiner ‚Schneiderei’ durchaus zu schätzen gewusst?“
„Kein Kommentar. Nach Deiner Meinung bin ja seit Neuestem keine nahezu allwissende künstliche Intelligenz mehr, sondern nur eine ‚Blechbüchse’. Und denen ist naturgemäß alles Menschliche fremd.“
Noira lachte. „Unsolidarisches Miststück, elendes.“
„Schickse, aufgedonnerte“, kam es von der KI zurück.
Tibor konnte ein amüsiertes Kopfschütteln nicht unterdrücken: „Frauenvolk, streitbares.“
Er wandte sich an Noira: „Aber nun wieder Frieden, meine Damen. Und? Waren diese Erkenntnisse über meine Ahnen, Motivation und geheime Liebhabereien wenigstens unterhaltsam? Ich würde gerne zurück an die Arbeit … “
Noira lächelte verschmitzt. „Ja, sehr unterhaltsam sogar. Und sie haben mir Appetit gemacht. Appetit, deine Holos über diese ‚barbarischen’ Zeiten einmal näher kennenzulernen …“ Und dann, mit den Augen klimpernd und süßester Jungmädchenstimme: „Herr Räggissöhr, ob wir wohl Zeit für eine kleine private Kinovorstellung hätten?“
„Auf keinen Fall. Bin gerade an einer wirklich wichtigen Datenauswertung. Nicht wahr, Santa?“
„Ähhm, na ja … ich sag’ mal: Priorität C oder so.“
„Verräterin, elende.“
Was Noira übers ganze Gesicht strahlen ließ. „Prima, dann ist das ja geklärt. Unser hochverehrter Kapitän hat nichts Weltbewegendes vor und meine Marines wollen mich nach dem Training von vorhin vorläufig sicher auch nicht mehr sehen … Ich darf mich also zu Euch gesellen, Eure schwerbeschäftigte Eminenz?“
Tibors Gesichtsausdruck wechselte von Verdruss zu Resignation. „Was kann ‚Mann‘ schon ausrichten gegen weibliche Übermacht und Entschlossenheit. Da hilft bekanntlich weder Vernunft noch Rang …“
Und so machte es sich seine Stellvertreterin neben ihm auf der Couch gemütlich. Tibor suchte in seinem virtuellen Menu eine geeignete Episode. Da sie gerade von Odal gesprochen hatten und das aktuelle Datum der 15. März war, fiel ihm die Wahl eines geeigneten Einstiegs für Noira auch gar nicht schwer.
Während das Holo hochfuhr und beide langsam in der Immersion versanken, nahm er noch wahr, wie Noira näher rückte und sich an ihn schmiegte. Kurz blitzte Widerstand in ihm auf – doch dann legte er seinen Arm um sie und erkundete ein wenig ihre neue Kreation. Genoss ihre immer wieder erstaunliche Wärme und Weichheit. Die so sehr im Gegensatz zu der athletisch und unterkühlt wirkenden Soldatin standen, als die man Noira üblicherweise erlebte. Doch heute war eben mal nicht ‚üblich’. Und das war schwer in Ordnung für ihn.
„Na dann gute Unterhaltung!“ war sein letzter Gedanke, bevor das Holo seine Sinne flutete.
Kapitel 1: In Freecothee. An den Iden des Drittmonats des Jahres 654 ndA
Odal erwachte. Irgend etwas hatte ihn alarmiert. Durch das Fenster der Hütte konnte er in der kalten, wolkenlosen Vorfrühlingsnacht die schillernden Sterne sehen. Er fröstelte, zog seine Decke höher und versuchte sich darüber klar zu werden, was ihn wohl geweckt haben mochte. Alles ruhig. Kein Wind war zu hören, kein Geräusch im Dorf. Kein falscher Geruch lag in der Luft. Er vertraute seinen geschärften Sinnen und entspannte sich wieder. Erneut richtete er den Blick auf die Sterne und genoss diesen von ihm so geliebten Anblick. Nahm die kühle Luft wahr. Erst auf dem Gesicht, dann auch am Gaumen.
„Genauso eine Nacht wie damals, als Gand das erste Mal zu mir kam. Und mich einlud, sein Schüler zu werden“, dachte er. „Lange her, 12 Sommer schon.“
Er streckte und räkelte sich, dämmerte langsam wieder ein – in Gedanken immer noch bei dieser ersten Begegnung mit dem Vielgereisten.
„Odal. Aufwachen.“
Seine Reaktion war instinktiv. Gedankenschnell stand er geduckt neben seinem Lager, sein Beil wie von Geisterhand in der Hand.
„Gute Reaktionen, junger Held.“
Ah! Jetzt erkannte er die Stimme. Es war Gand! Genauso wie damals vor 12 Jahren. Doch wo war er? Da. In der Ecke am Schrank, ein Schemen nur. Wie war es dem Alten gelungen, unbemerkt in die Hütte zu kommen? Unzufriedenheit überkam ihn. Im letzten Herbst noch hatte Gand ihn kurz vor ihrem Abschied für seine Wachheit und Instinkte gelobt. Und jetzt? Eine Lektion. Gand zeigt, wer der Meister ist.
Odal richtete sich auf und die beiden Männer umarmten sich lange und schweigend. Sofort spürte Odal wieder die so vertraute und doch unvergleichliche Ruhe, die der andere ausstrahlte. Obwohl… Im Hintergrund war da heute eine gewisse Spannung. Eine neue Erfahrung. Gand angespannt? Und vor allem: Was machte er um diese frühe Jahreszeit im Dorf?
„Komm, folge mir“.
Gand löste sich aus der Umarmung und wandte sich zur Tür. Odal zögerte kurz, dann nahm er sein immer bereit liegendes Reisebündel über die Schulter und folgte Gand. Zwei lautlose Schatten glitten durch die Langhütte und über den Dorfplatz. Vor der Hütte von Odal’s Eltern stand, halb verborgen im Schatten des Daches, sein Vater Tokal.
Als die beiden ihn erreichten, nahm auch Tokal seinen Sohn lange in den Arm.
„Segen für Euren Weg.“ Ein langer, nachdenklicher Blick suchte Odals Augen. Noch ein kurzes Nicken zu Gand und Tokal verschwand in der Hütte. Dass die beiden Älteren sich bereits vorher besprochen hatten, war offensichtlich – und ebenso, dass Tokal nicht so richtig glücklich war mit dem, was gerade geschah.
Gand wandte sich in Richtung der Hütte Munals, des jungen ersten Speers des Dorfes. Davor angekommen, warf er Odal einen kurzen schelmischen Blick zu und legte den Zeigefinger auf die Lippen. In Sekundenschnelle war er in der Hütte und begann, ohne jeden Laut die Tür des Schlafraums zu öffnen. Sofort vernahmen die beiden lautlosen Gestalten ein leises Stöhnen aus dem Raum. Mit einem spitzlippig geflüsterten „Oh oh“ auf den Lippen zog Gand die Tür wieder etwas an und räusperte sich dann vernehmlich mit einem halb schmerzlichen, halb amüsierten Gesichtsausdruck.
Sofort verstummten die Geräusche. Leises Getuschel, dann erschien Munal mit erhitztem Gesicht und einer Fackel in der Hand an der Tür…
(…)
Im abgedunkelten rötlichen Licht des Kommandostandes wandte sich FourFive an FourOne. „So weit, so gut. Gand, Odal und Munal sind jetzt unterwegs zum nächsten Abholpunkt. Ging’ ja zügig. Gut erzogen hat er seine Jungs, muss ich schon sagen. Kommt mitten in der Nacht reingeschneit und einige Minuten später ist die ganze Baggage schon unterwegs… Und wie steht es mit unseren Freunden von der anderen Feldpostnummer, Major?“
FourOne bzw. Major Tom Banks, der Kommandant des Crawlers, wandte sich einer Konsole zu und fragte per Engstrahl-Richtfunk die Infrarotsensoren des hoch über Freecothee schwebenden kleinen Flugroboters ab.
„Unveränderte Position. Ich denke, sie verfolgen die drei zur Zeit mit einem Mini-Bodenroboter. Zumindest kann ich auf dem Funkscanner jetzt Streustrahlung ihrer Nahbereichs-Kommunikation ausmachen. Ich frage mich, ob wir nicht versuchen sollten, sie von Gand’s Gruppe zu trennen…“
FourFive, seines Zeichens Sensorspezialist, warf seinem Kommandanten einen fragenden Blick zu. „War nicht die klare Anweisung von SixSix, dass wir auf keinen Fall riskieren sollen, erkannt zu werden und nur im äußersten Notfall eingreifen sollen?“
„Schon, aber zu überlegen, wie wir unauffällig etwas ‚nachhelfen’ können, ist doch unterhaltsam… Also, wir machen Folgendes: FourTwo soll sich für einen Landeinsatz fertig machen. Zweitens: Du rüstest eine unserer Spinnen mit Laser und voll geladenem Speicher aus. Drittens: Ich kläre mit SixSix, ob wir so vorgehen können, wie ich es mir vorstelle.“
Zwanzig Minuten später tauchten in einem toten Seitenarm des Flusses Rhenn, ca. 30 km südwestlich von Freecothee drei merkwürdige Objekte aus dem nächtlichen, ruhig daliegenden Wasser auf. Zunächst ein eiförmiger Körper auf einem Mast, auf dem er sich langsam drehte. Einige Minuten später dann ein gut unterarmlanger, zylindrischer Gegenstand mit einer verkleinerten Version des eiförmigen Körpers an seinem Kopfende und schließlich … ein nackter Mann. Die merkwürdige „Flasche“ und der Mann begannen unverzüglich zum nördlichen Ufer des Gewässers zu schwimmen. Dort erklommen beide vorsichtig die Böschung. Die Flasche auf sechs spinnenförmigen Beinen mit kleinen Rädern an den Enden, der Mann einen wasserdichten Ledersack hinter sich herziehend.
Während der Mann den Sack öffnete und sich die landestypische Tracht eines Fallenstellers anzog, rollte und krabbelte die Flasche bereits in den Uferwald, ein haarfeines Glasfaserkabel hinter sich abrollend.
Als der Mann fertig war, winkte er dem ovalen Körper im Wasser kurz zu und verschwand ebenfalls im Wald, in einer etwas anderen Richtung als die Flasche. Auch er zog einen kaum sichtbaren Faden hinter sich her. Kurze Zeit später versank der ovale Körper wieder im Wasser.
FourTwo, Missionsspezialist von Crawler 4, und Spinne 2, einer der autonomen Miniroboter des Crawlers, waren unterwegs zu ihrer Mission. Nichts erinnerte mehr an die nächtlichen Aktivitäten oder daran, dass sich tief im Wasser des Flusses ein Hightech-Gefährt mit nun noch fünf Mann an Bord verbarg.
(…)
Epilog: Der Weltraum. In ferner Zukunft …
Tibor erwachte aus der Holo-Immersion und wandte sich seinen realen Sinnen zu. Nahm ganz bewusst die Kabine wahr, das Glitzern der raumfüllenden Projektion der Sternenkarte. Und den immer noch an ihn geschmiegten, jetzt ziemlich verschwitzten Körper Noiras. Na, da hat mein kleines mediales Werk ja nett gewirkt, dachte er, während er ihr sanft das Haar aus der Stirn strich.
Sie klammerte sich fester an ihn. Schlug dann schlug die Augen auf und rollte sich auf den Rücken. „Wow!“ Und sich ihrer Verschwitztheit gewahr werdend: „Es gibt ja außer der Schneiderei noch andere Hobbies mit ebenfalls sehr unterhaltsamen Folgen.“
„Danke sehr. Heute meinerseits. Man gibt ja auch gerne mal was zurück.“ (…) Doch da war Noira schon verschwunden. Um in ihrem ebenso vorbildlichen wie staubtrockenen ‚Dienstmodus‘ für die perfekte Einhaltung der allerhöchsten Standards der Raumflotte zu sorgen.
Tja, es gibt eben auch diese ‚üblichen’ Tage, dachte Tibor melancholisch. Und bestellte bei Santa einen frischen, heißen Kaffee …
(Auszüge aus „ODAL – Band 1: Odals Erwachen“ von Earnest L. Dreamcatcher)
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